Denkmäler der Tonkunst in Österreich

Gesellschaft zur Herausgabe von Denkmälern der Tonkunst in Österreich

Gustav Mahler und die DTÖ

Die Berufung Gustav Mahlers in die Leitende Kommission der Denkmäler beruhte nicht nur auf seiner Stellung im Wiener und internationalen Musikleben, sondern vor allem auf seiner Freundschaft mit Guido Adler. Die beiden müssen einander, wie Edward R. Reilly zeigte, zwischen 1875 und 1878 in Wien kennengelernt haben. Adler hat sich seither immer wieder und gerade an Schlüsselpunkten der Laufbahn Mahlers für den jüngeren Freund eingesetzt. 1897 schlug er ihn für die Leitende Kommission der Denkmäler als Nachfolger für den verstorbenen Johannes Brahms vor. In seinem Antrag vom 23. Oktober 1898 stellt er Mahler als einen „nur dem Ideale seiner Kunst“ nachgehenden Musiker dar, der „auch als Componist in der Vorderreihe der jüngeren Komponistengeneration“ stehe und unzweifelhaft eine „Vocation zu hohem künstlerischen Schaffen“ besitze. Sein Interesse für die Historie der Musik und die Denkmäler habe er unter anderem dadurch bewiesen, daß er die letzteren schon früher subskribiert habe. Welchen Wert Adler auf Mahlers Mitgliedschaft legte, zeigt sich daran, daß Mahler später ein Widmungsexemplar der Denkmäler erhielt, und zwar als einziger neben Adler selbst und Wilhelm von Weckbecker.

Mahler nahm am 22. November 1898 erstmals an einer Kommissionssitzung teil. Sonst ist seine Anwesenheit nur noch einmal, am 19. Dezember 1904, nachweisbar. Je zweimal ist er persönlich bzw. summarisch mit anderen als entschuldigt geführt (zwei Entschuldigungsschreiben Mahlers werden von Reilly wohl zu Recht mit Denkmäler-Sitzungen in Zusammenhang gebracht), in den anderen erhaltenen Protokollen scheint er nicht auf. Seine Klage über Zeitvergeudung bei Denkmäler-Sitzungen (Reilly S. 31) dürfte also wohl kaum allzu ernst genommen werden dürfen. In der Sitzung der Leitenden Kommission am 12. Februar 1912 hielt der damalige Präsident Bischof Dr. Laurenz Mayer Mahler einen „ehrenden Nachruf“.

Adler hat dem verstorbenen Freund einen Nachruf in Anton Bettelheims Biographischem Jahrbuch gewidmet, der 1915 auch selbständig erschien. Er beruft sich darin auf lange Vorarbeiten und die lebenslange Freundschaft mit Mahler, und er stellt beides unter Beweis, indem er ebenso profunde Vertrautheit mit dem Schaffen des Komponisten zeigt als auch eine intime Kenntnis seiner Persönlichkeit, die auf „jahrzehntelangem, trautem Verkehr“ und dem „intimsten Gedankenaustausch“ wie auch der Herkunft aus dem gleichen Kulturkreis beruhe. Auch die Denkmäler finden kurz Erwähnung, als Adler auf Mahlers Studium älterer Musik zu sprechen kommt: „Er las mit Eifer die ‚Denkmäler der Tonkunst‘, als deren wirkliches Mitglied er der leitenden Kommission (in Wien) angehörte)“ (was im Interesse der Klarheit insoferne zu korrigieren ist, als Mahler der Leitenden Kommission angehörte, aber nicht wirkendes Mitglied war).

Lit.: Edward R. Reilly, Gustav Mahler und Guido Adler. Zur Geschichte einer Freundschaft (Bibliothek der Internationalen Gustav Mahler Gesellschaft. Hsg. Herta Singer-Blaukopf). Wien 1978. – Dazu Rez. von Theophil Antonicek, in: Musicologica Austriaca 2 (1979) S. 159–163. – Elisabeth Th. Hilscher, Denkmalpflege und Musikwissenschaft. Einhundert Jahre Gesellschaft zur Herausgabe [von Denkmälern] der Tonkunst in Österreich (1893–1993). Tutzing 1995, S. 75–77.

letzte Änderung: 27.12.2008     •     Text: Theophil Antonicek     •     Webeinrichtung: Konrad Antonicek